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Geschichte
von Biriciana |
Nach
der Eroberung der südlichen Frankenalb unter Kaiser Domitian
(81-96) dehnte sich die Provinz
Raetien nach Norden aus. Die erste Anlage hier auf einer
Anhöhe der Frankenalb wurde um 90 in leichter Holzbauweise
errichtet (ca 2,8 ha). Der Umbau zum Steinkastell erfolgte
zwischen 140 und 150/160, wobei alle Tortürme zunächst eine
quadratische Form hatten. Frühestens im letzten Viertel des
2. Jrh. wurden die Türme des Nordtores nach außen
abgerundet. Mit dem ersten großen Alamanneneinfall im Jahre
233 begann auch der Niedergang des römischen Kastell und der
Zivilsiedlung. Nach der Aufgabe des Limes 258/259 verließen
die Römer die Ansiedlung und zogen sich wieder hinter die
Donau zurück. Kastell und Zivilsiedlung wurde teilweise
demontiert und verfielen nach und nach. Im Mittelalter diente
beide als Steinbruch für die neue Stadt, bis alles abgetragen
war und überwucherte. Erst 1885 wurde das Kastell
wiederentdeckt und zwischen 1889 und 1913 wurde es
ausgegraben. |
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Kastell
Biriciana |
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Das
3,1 ha große Alenkastell
liegt etwa 6 km südlich des raetischen
Limes. Es wurde um 90 n.Chr. errichtet und war
der Standort der Ala I Hispanorum Auriana, einer
500 Mann starken Reitereinheit aus Spanien. Neben
dieser ala ist auch eine Cohors IX Batavorum
milliaria equitata schriftlich nachgewiesen. Diese
1000 Mann starke aus Reitern und Fußsoldaten
gemischte Truppe war vermutlich erst im 1976
entdeckten zweiten Kastell im Osten der heutigen
Stadt stationiert. Dieses Lager war jedoch nur
kurzfristig belegt und wurde nach wenigen Jahren
spätestens 125 n.Chr. geräumt. Die
nächstgrößeren Kastelle in Theilenhofen (Iciniacum)
und Pfünz (Vetoniana) konnten über eine Strasse
erreicht werden, die alle Limeskastelle
miteinander verband. |
[89]
Rekonstruktion und Lage des antiken Kastell |
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Das
rekonstruierte Nordtor (porta decumana) mit dem
ersten Spitzgraben |
Blick
über die Grundmauern des Wohnhaus des
Kommandanten zum Nordtor |
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Das
Kastell weist die für römische Militärlager
typische Struktur auf. Es war quadratisch, besaß
an den Längsseiten jeweils mittig ein Tor und es
war mit Eck- und Zwischentürmen versehen. Die
Tore im Süden (porta praetoria), Westen (ports
principalis dextra) und im Osten (porta
principalis sinistra) hatten zwei Durchfahrten und
waren mit eckigen Türmen ausgestattet. Einzig das
Nordtor (porta decumana) weicht davon ab. Es wurde
vermutlich anlässlich der Reise des Kaiser
Caracalla durch die Provinz Raetia im Jahre 213
nach dem Vorbild der Regensburger porta praetoria
mit Apsiden umgestaltet. An den Mittelachsen
befanden sich die aus Stein errichteten
Verwaltungs- und Versorgungsgebäude, wie die
principia (Stabsgebäude mit Waffenkammern,
Verwaltungsräumen, Fahnenheiligtum und der
Lagerkasse), die basilika (große Versammlungs-
und Exerzierhalle über der via principalis), das
horreum (Getreidespeicher) sowie das praetorium
(Wohnhaus des Kommandanten). Die westlich der
principia liegenden Gebäude wurden nie ganz
freigelegt. Es dürften aber Werstätten, Magazine
und Lagerräume gewesen sein. Auch die Existenz
eines Lazaretts kann als wahrscheinlich angenommen
werden. Nördlich der principia standen die in
leichter Fachwerkbauweise ausgeführten
Mannschaftsunterkünfte. In der Südhälfte des
Lagers befanden sich neben anderen Nutzbauten auch
drei Pferdeställe. Zum Lager gehörte aber sicher
noch ein größeres Freigelände mit weitere
offenen Pferdeunterständen und Weideflächen. |
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Innenhof
des Verwaltungsgebäudes, der principia |
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Hinter der
Kastellmauer lag wie beim früheren Holzkastell
ein Erdwall mit Wehrgang. Vor dem Tor verläuft
die via singularis, die innere Lagerringstrasse.
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Nordtor
mit Kastellmauer |
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An
der Nord- und Westseite des Kastells konnten drei, an
der Ostfront nur zwei Wehrgräben (Spitzgräben)
nachgewiesen werden. Jüngste Grabungen an der Südseite
erbrachten auch dort den Nachweis eines dritten
Spitzgraben. |
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Teilrekonstruierte
Fundamente eines Eckturm |
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Im Gefolge
der römischen Soldaten befanden sich auch immer
Handwerker, Kaufleute und Familienangehörige, die sich
hier vor den Toren des Kastell Biriciana niederließen.
So entstand mit der Zeit eine zivile Siedlung, die sich
in der Folge rasch entwickelte. Davon zeugen die Großen
Thermen ebenso wie die im Römermuseum ausgestellten
Funde. Zur Blütezeit um 200 wird eine Einwohnerzahl von
2500 angenommen. Aufgrund der weitgehenden Überbauung
läßt sich leider kein detaillierter Plan des vicus
mehr erstellen. Die großen Thermenanlage wurde 1977 bei
Bauarbeiten entdeckt. 1983 wurde der Schutzbau
fertiggestellt und die Thermenanlage wird seitdem als
Museum präsentiert. |
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Große
Thermen |
Geschichte |
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Durch
die Ausgrabungen konnten 3 Bauphasen nachgewiesen
werden:
- Bauphase I um 90 n.Chr.
- Bauphase II um 130 n.Chr.
- Bauphase III um 180 n.Chr. |
Der
älteste Thermenbau (Phase I) wurde vermutlich
zeitgleich mit dem Bau des Holzkastell errichtet.
Er entsprach in seiner Form dem Reihentypus.
In dieser ersten Hauptbauphase wurde das Bad
einmal umgebaut (der kalte Umkleideraum wurde
durch ein kleineres, aber heizbares Umkleidezimmer
ersetzt, der Innenhof wurde überdacht und der
Sportplatz in eine Sporthalle umgewandelt). In der
zweiten Bauphase wurde das gesamte Bad in
Steinbauweise aus- und umgebaut. An der Westseite
wurde dem Langbau ein kreisrundes Schwitzbad (laconicum)
angefügt. Des weiteren wurde das Kaltbad weiter
nach Norden verlegt, so daß das bisherige Kaltbad
(frigidarium) als zweites Laubad (tepidarium)
eingerichtet werden konnte. Auch die Anlage der
zweiten Bauphase entspricht dem Reihentypus.
Während der Markomannenkriege (167/168) wurde die
Therme niedergebrannt und zerstört. Nach dem Ende
der Markomannenkriege um 180 begannen die
Wiederaufbauarbeiten an der Thermenanlage. Dabei
entstand eine im Grundriss wesentlich veränderte
und größere Anlage. Dem Badegast war nun ein
Rundgang durch die Thermenanlage möglich, daher
entspricht die Anlage der Bauphase III dem nun
moderneren Ringtypus.
Eine große Gymnastikhalle (basilika) mit ca. 320
qm Innenfläche ergänzte die Thermen. Statt des
kreisrunden Schwitzbad aus Bauphase II wurde ein
neues viereckiges Schwitzbad errichtet. In einem
späteren Umbau kleidete man fast den gesamten
Badetrakt mit Kalkplatten aus. Im Endausbau maß
die nun luxuriöse Thermenanlage in der Länge 65
und in der Breite 42,5 Meter. Im Verlauf der
Alamanneneinfälle nach 230 wurde die Anlage
erneut vom Feuer zerstört. Danach wurde das Bad
nicht wieder benutzt. |
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Bauphase
I |
Überdachter
Umgang und Sport- und Gymnastikplatz (Bauphase I) |
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Der
U-förmige Wandelgang von 3,7 m Breite umschloss
eine palaestra (Sport- und Gymnastikplatz von 20 x
21 Meter. In der zweiten Bauphase stand hier die
hölzerne Vorhalle als Sporthalle (basilika).
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Heizraum
(praefunium) |
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Die
Verfärbungen im Boden sind Spuren der
Holzkohleteilchen. Dahinter ist die Außenwölbung
der Ostapsis des Wasserbeckens vom Warmbad aus der
Bauphase I zu sehen. |
Hauptwasserkanäle |
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Kanal unter der
späteren großen Halle (basilika) |
Die
beiden Hauptwasserkanäle aus Bauphase I und II
verlaufen quer unter der in Bauphase III
errichteten basilika. |
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Bauphase
II |
Kaltwasserbecken |
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Der
Raum im Bereich des früheren Gymnastikhofes
diente zunächst als Umkleideraum. In der Bauphase
II hat man den Raum zum Kaltbad mit einem recht
tiefen Kaltwasserbecken umgestaltet. An der
Nordwand (rechter Bildrand) entstand ein
kleineres, flacheres und halbrundes Becken.
Während der Bauphase III wurde der ganze Raum als
Umkleide oder als ungeheizter Aufenthaltsbereich
genutzt. Durch zwei Türen (eine im Bild oben
rechts) konnte die Halle im Norden betreten
werden. |
Gedeckter
Säulenumgang (porticus) |
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Zu
Anfang war dieser porticus aus Holz gebaut.
Aus Sandstein gemeißelte Säulen wurden in
der Bauphase II auf einem durchgehenden
Mauersockel errichtet. Der Hauptwasserkanal
war durch Bodenplatten abgedeckt. In der
Bauphase III wurde hier eine größere,
langgestreckte Halle (basilika) errichtet.
Der Bereich nördlich davon diente als
offener Sport- und Gymnastikplatz (palaestra). |
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Schwitzbad |
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Das Schwitzbad war
in der Form eines runden Anbau in Bauphase II
errichtet worden. |
Feuerstellen |
Im
Südteil des späteren Kaltbades befanden sich in
den ersten zwei Bauphasen mehrere Feuerstellen,
die ursprünglich in einzelnen Schuppen
untergebracht waren. Sie dienten zum Beheizen der
benachbarten Räume. Erst in der zweiten Bauphase
wurden sie in einen geschlossenen Anbau
einbezogen. |
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Westwand
mit alter Feuerstelle des südlichen Laubades |
Reste
der Mauerzungen des Heizkanal der Feuerstelle. Der
Ziegelbogen im Mauerdurchlass wurde rekonstruiert. |
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Bauphase
III |
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[89]
Rekonstruktion der Thermenanlage in Bauphase III |
Warmbad
(caldarium) |
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Östliches
Wasserbecken mit Teilrekonstruktion der
Steinplattenverkleidung |
Südliches
Wasserbecken |
Rekonstruktion des
Warmbad |
Der
wohl wichtigste Raum der Thermenanlage war das
Warmbad mit zwei halbkreisförmigen und einem
viereckigen Wasserbecken. In den ersten beiden
Bauphasen verfügten beide seitlichen Wasserbecken
über eigene Heizstellen. Das östliche
Wasserbecken ist sehr gut erhalten geblieben. Der
Boden des Warmbaderaumes ruht auf
Hypokaustenpfeilern. In der Bauphase III hat man
auch den Boden des Warmbades mit Solnhofener
Steinplatten verkleidet. |
Westliches
Wasserbecken |
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Kleines
Laubad (terpidarium) |
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Das
kleine Laubad wurde mittels einer Öffnung aus dem
großen Laubad im Westen der Anlage beheizt. Die
gut erhaltene Hypokaustenheizung zeigt gut die
Funktionsweise dieses antiken römischen
Heizungssystems. Die Lauffläche besteht aus
Solnhofener Steinplatten, die teilweise sehr gut
erhalten sind. Durch die Holzziegel in der Wand
leitete man die warmen Abgase über das Dach ins
Freie. Die Wände waren ebenfalls mit Steinplatten
verkleidet. |
Schwitzbad |
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Der
quadratische Raum mit seiner eigenen
Hypokaustenheizung wurde in der Bauphase III dem
Gebäude angefügt. Aufgrund der Türen nach
Norden und Osten handelte es sich wohl um einen
Umkleideraum (apodyterium). Im nachfolgenden Umbau
hat man den Raum als Schwitzbad weiterverwendet.
Die nördliche Tür wurde vermauert. Mit einer
neuen Tür nach Süden ergab sich ein Durchgang
ins Laubad und zum neuen kleinen Kaltbad. |
Großes
Kaltbad |
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Dieser
Bereich wurde in der Bauphase III in die
Anlage eingefügt. In der nördlichen
Hälfte befand sich vorher ein beheizbarer
Raum (erst Schwitzbad, dann Umkleideraum).
Dies ist am Heizungskanal hinter rechts gut
zu erkennen. Auch der Fußboden des großen
Kaltbad war mit Solnhofener Steinplatten
ausgelegt. |
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Kaltwasserbecken |
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Dieses
mit Solnhofener Steinplatten verkleidete Becken
wurde in der Bauphase III angebaut. Es war über
zwei Zugänge mit breiten Stufen (rechter
Bildrand) vom westlich anschließenden Kaltbad zu
betreten. |
Kleines
Kaltbad |
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Das
kleine Kaltbad der Bauphase III wurde in
Form einer kompletten Rekonstruktion wieder
hergestellt. Dadurch wird die räumliche
Wirkung und die Dimension der ehemaligen
Thermenanlage an einer Stelle deutlich. Der
Vorraum des apsisförmigen Kaltbades konnte
vom Laubad (im Vordergrund) und von
Schwitzbad (rechts) betreten werden. Durch
den noch nachweisbaren Bodenbelag aus
Solnhofener Steinplatten ist eine Datierung
des kleinen Kaltbades in die Bauphase III
möglich. |
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Beheizbarer
Umkleideraum |
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In
der Bauphase III errichtete man anstelle des
Südende des östlichen Säulenumganges einen Raum
mit Hypokaustenheizung und einer Feuerstelle an
der Ostseite. Er diente wohl erst als Schwitzbad
und später als beheizbarer Umkleideraum. |
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